In Deutschland herrscht Gewaltenteilung. Dies bedeutet u.a., dass die vollziehende Gewalt oder Exekutive an Gesetz und Recht gebunden ist, vgl. Art. 20 Abs. 3 GG.
Gewaltenteilung bedeutet aber auch, dass alle Behörden im Rechtsstaat Urteile der 3. Gewalt (Judikative) zu respektieren und zu befolgen haben.
In einem jüngsten Fall wurde das Auswärtige Amt durch das Verwaltungsgericht Berlin verurteilt, einer Mutter ein Visum zur Wiederkehr nach Deutschland zu erteilen, wo sich ihre 3 deutschen Kinder aufhalten.
Nachdem ein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil zurückgenommen wurde, erfolgte durch die Maibaum Rechtsanwälte eine Aufforderung zur Erteilung des Visums unter Fristsetzung zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen.
Nachdem auch diese Frist ignoriert wurde, wurde heute ein Antrag auf Einleitung der Vollstreckung gegen das Auswärtige Amt beim Verwaltungsgericht eingereicht.
Auch wenn die Vollstreckung gegen Behörden aus Verpflichtungsurteilen der Gerichte die absolute Ausnahme darstellen sollte, kommt es immer wieder vor, dass die Exekutive durch geeignete Maßnahmen zur Respektierung von solchen Urteilen angehalten werden muss.
Dies geschieht in der Regel durch die Verhängung von Strafzahlungen („Zwangsgeld“) in Höhe von bis zu 10.000,- € gegen die säumige Behörde (vgl. § 172 Verwaltungsgerichtsordnung).
Die Zwangsgelder können auch wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden. Daneben stellt der Nichterlass eines Hoheitsaktes dann auch eine Amtspflichtverletzung dar, die zu Schadensersatzansprüchen führen kann.
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Die Neuregelung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) ist beschlossene Sache und wird nun in den nächsten Wochen zur finalen Abstimmung in den Bundestag eingebracht werden. Die Bundesinnenministerin Faeser äußerte die Hoffnung, das Gesetz könne nun schon Anfang 2024 in Kraft treten.
Wichtig – und überfällig, um mit anderen Einwanderungsländern, wie Frankreich, Großbritannien oder Kanada mitzuhalten – ist die Verkürzung der erforderlichen Voraufenthaltszeit von 8 auf 5 Jahre.
Bei besonderen Integrationsleistungen kann die Voraufenthaltszeit sogar auf bis zu 3 Jahre verkürzt werden.
Mit dem Erfordernis kürzerer Voraufenthaltszeiten bei der Anspruchseinbürgerung erfolgt auch eine Herabsetzung bei der Einbürgerung in Deutschland geborener Kinder nicht-deutscher Eltern (sog. Ius-Soli- oder Geburtsortprinzip). Die Eltern müssen in diesem Fall nun auch für lediglich 5 anstatt 8 Jahre vor der Geburt des Kindes rechtmäßig in Deutschland leben und Inhaber eines unbefristeten Aufenthaltsrechts sein.
Grundlegende Änderungen ergeben sich beim Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Anspruchseinbürgerung.
Erfreulich ist, dass die Leistungen der vor dem 30.06.1974 in die BRD eingereisten Gastarbeiter und vor dem 13.06.1990 in die DDR eingereisten Vertragsarbeiter honoriert werden. Diese Personengruppe hat auch bei Bezug von Sozialleistungen nach dem SGB II und SGB XII einen Anspruch auf Einbürgerung, sofern sie deren Bezug nicht zu vertreten haben.
Zugleich werden aber andere Personengruppen von der Einbürgerung ausgeschlossen, die den Bezug von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben – etwa, weil sie dauernd erwerbsunfähig sind, Familienangehörige pflegen oder alleinerziehend sind.
Insbesondere der Ausschluss von Kindern sozial benachteiligter Migranten im Vergleich zur jetzigen Gesetzeslage ist mit dem Ziel des Vorhabens und der UN-Kinderrechtskonvention nicht in Einklag zu bringen. Diese Verschärfung ist aus unserer Sicht kontraproduktiv und benachteiligt die genannten Personengruppen.
Eine höchst erfreuliche Änderung des neuen Gesetzentwurfs ist dagegen die ersatzlose Streichung des Grundsatzes der Vermeidung der Mehrstaatigkeit. Nach diesem Grundsatz ist eine Einbürgerung bislang grundsätzlich nur möglich, sofern der Einbürgerungsbewerber seine alte Staatsangehörigkeit aufgibt. Von der Neuregelung können in Zukunft insbesondere 1,5 Millionen in Deutschland lebende türkische Staatsangehörige profitieren.
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Im laufenden Jahr 2023 haben bundesweit bereits über 49.000 Personen das "Chancenaufenthaltsrecht" nach § 104c Aufenthaltsgesetz beantragt. Bereits positiv beschiedenen über 17.000 Anträgen stehen etwa 2.100 Ablehnungen entgegen. Dies berichtet der "Mediendienst Integration".
Die Zahl der Antragstellungen hängt erfahrungsgemäß stark davon ab, wie die Ausländerbehörde über die Möglichkeit der Inanspruchnahme des neuen Rechts informieren.
Wer sich zum Stichtag 31.10.2022 seit über 5 Jahren im Bundesgebiet aufhält, kommt grundsätzlich für das Chancenaufenthaltsrecht in Betracht, welches dann eine Brücke in das längerfristige Bleiberecht nach § 25b AufenthG bietet.
Der Deutschen Bundestag hat heute über den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“ abgestimmt. Für den Entwurf votierten 388 Abgeordnete, 234 Parlamentarier stimmten dagegen, es gab 31 Enthaltungen. Die Bundesinnenministerin Faeser bezeichnet das Gesetz als "eines der modernsten Einwanderungsgesetze der Welt". Bei fast zwei Millionen offenen Stellen (Stand Ende 2020) ist zu hoffen, dass die im Gesetz vorgesehenen Erleichterungen auch durch die Verwaltung zügig und unbürokratisch umgesetzt werden. Das neue Gesetz soll "frühestens am 01.12.2023" in Kraft treten. (Quelle: Deutscher Bundestag - Gesetzentwurf zur Fachkräfteeinwanderung angenommen)
Die Anzahl der Einbürgerungen hat laut dem Statistischen Bundesamt im Jahre 2022 den Höchststand seit 20 Jahren erreicht. In 2022 wurden demnach 168.500 Ausländer eingebürgert. Wie zu erwarten stellten dabei die syrischen Staatsangehörigen dir größte Gruppe mit 29%, gefolgt von türkischen Staatsangehörigen mit 8,45% und rumänischen Staatsangehörigen mit 4,1 %. (Quelle: destatis)
Der neue Entwurf des Bundesinnenministeriums des Innern und Heimat unter Federführung von Innenministerin Nancy Faeser wurde am 19.05.2023 veröffentlicht. Vom Bundesinnenministerium, welches die Einbürgerung als „stärkstes Bekenntnis zu Deutschland“ bezeichnet, werden tatsächlich viele grundlegende Verbesserungen für Einbürgerungsbewerber geplant. Doch es sind auch Schattenseiten und Verschärfungen enthalten – hier ist Nachbesserung erforderlich, wenn von der durch die leichtere Einbürgerung bezweckten Integration tatsächlich alle profitieren sollen.Wichtig – und überfällig, um mit anderen Einwanderungsländern, wie Frankreich, Großbritannien oder Kanada mitzuhalten – ist die Verkürzung der erforderlichen Voraufenthaltszeit von 8 auf 5 Jahre.
Bei besonderen Integrationsleistungen kann die Voraufenthaltszeit sogar auf bis zu 3 Jahre verkürzt werden. Die Voraussetzungen der Kürzung werden insofern allerdings strenger als bei der bisherigen Verkürzung auf 5 Jahre; Erforderlich für die Verkürzung auf 3 Jahre sind: besondere Intregrationsleistungen, insbesondere gute schulisch, berufsqualifizierende oder berufliche Leistungen oder bürgerschaftliches Engagement sowie Sicherung des Lebensunterhalts und Sprachkenntnisse C1.
Mit dem Erfordernis kürzerer Voraufenthaltszeiten bei der Anspruchseinbürgerung erfolgt auch eine Herabsetzung bei der Einbürgerung in Deutschland geborener Kinder nicht-deutscher Eltern (sog. Ius-Soli- oder Geburtsortprinzip). Die Eltern müssen in diesem Fall nun auch für lediglich 5 anstatt 8 Jahre vor der Geburt des Kindes rechtmäßig in Deutschland leben und Inhaber eines unbefristeten Aufenthaltsrechts sein. Grundlegende Änderungen ergeben sich beim Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Anspruchseinbürgerung. Insbesondere an dieser Stelle weist der Gesetzesentwurf aus unserer Sicht deutliche Schattenseiten auf: Erfreulich ist zwar, dass die Leistungen der vor dem 30.06.1974 in die BRD eingereisten Gastarbeiter und vor dem 13.06.1990 in die DDR eingereisten Vertragsarbeiter honoriert werden. Diese Personengruppe hat auch bei Bezug von Sozialleistungen nach dem SGB II und SGB XII einen Anspruch auf Einbürgerung, sofern sie deren Bezug nicht zu vertreten haben. Auch Personen die Vollzeit arbeiten, aber dennoch auf Aufstockung angewiesen sind, sowie deren Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder können trotz fehlender Lebensunterhaltssicherung eingebürgert werden. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass bislang eine Einbürgerung stets möglich war, wenn die Einbürgerungsbewerber die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht zu vertreten hatte. Die Beschränkung dieses Erfordernisses auf die Gast- und Vertragsarbeitergeneration stellt daher eine Einengung der Ausnahmen vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung dar. Damit werden andere Personengruppen von der Einbürgerung ausgeschlossen, die den Bezug von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben – etwa, weil sie dauernd erwerbsunfähig sind, Familienangehörige pflegen oder alleinerziehend sind. Insbesondere der Ausschluss von Kindern sozial benachteiligter Migranten im Vergleich zur jetzigen Gesetzeslage ist mit dem Ziel des Vorhabens und der UN-Kinderrechtskonvention nicht in Einklag zu bringen. Diese Verschärfung ist aus unserer Sicht kontraproduktiv und benachteiligt die genannten Personengruppen.
Eine höchst erfreuliche Änderung des neuen Gesetzentwurfs ist die ersatzlose Streichung des Grundsatzes der Vermeidung der Mehrstaatigkeit. Nach diesem Grundsatz ist eine Einbürgerung bislang grundsätzlich nur möglich, sofern der Einbürgerungsbewerber seine alte Staatsangehörigkeit aufgibt. Von der Neuregelung können in Zukunft insbesondere 1,5 Millionen in Deutschland lebende türkische Staatsangehörige profitieren. Durch diese Änderung wird anerkannt, dass in einem Einwanderungsland wie Deutschland die Identifikation mit mehr als einem Land und einer Kultur möglich und wünschenswert ist.
Das im Hinblick auf den Einbürgerungsanspruch befremdlich vage Erfordernis der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ soll nun durch die konkrete Benennung von Ausschlussgründen ersetzt werden. So soll die Einbürgerung ausgeschlossen sein bei Mehrehen oder einer fehlenden Anerkennung der im Grundgesetz festgelegten Gleichberechtigung von Mann und Frau und bei Personen, die in der Vergangenheit durch antisemitische oder rassistische Handlungen aufgefallen sind.
Für Gastarbeiter entfallen zudem neben dem Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung, soweit sie den Leistungsbezug nicht zu vertreten haben, auch die Sprachanforderungen. Erforderlich ist, als Ausgleich für die damals fehlenden Sprachlernangebote für Gastarbeiter lediglich, dass diese sich „ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen“ können. Für sonstige Personen gilt ebenfalls eine Ausnahme von den Sprachanforderungen (Stufe B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) im Rahmen einer Härtefallregelung, wenn ihnen der Spracherwerb trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen nicht möglich oder dauerhaft erschwert ist.
Sollte der Gesetzesentwurf in dieser Form durchs Kabinett kommen und anschließend im Bundestag verabschiedet werden, könnte er tatsächlich dazu beitragen, die in Deutschland im internationalen Vergleich sehr niedrigen Einbürgerungsraten zu steigern. Deutschland könnte durch den neuen Gesetzesentwurf attraktiver für Einwanderer und insbesondere dringend benötigte Fachkräfte werden. Dabei dürfen aber die Belange sozial und finanziell schwächer gestellter Personen nicht zu kurz kommen – um auch solchen Menschen eine Bleibe- und Partizipationsperspektive zu eröffnen, die ohne eigenes Verschulden ihren Lebensunterhalt nicht vollständig selbst sichern können, etwa weil sie Familienangehörige pflegen oder erwerbsunfähig sind, ist aus unserer Sicht dringend Nachbesserungsbedarf erforderlich.
Am 29.03.2023 wurde der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung und für eine Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung veröffentlicht. Das geplante Gesetz tritt voraussichtlich im Herbst/Winter 2023 in Kraft.
Die Fachkräfteeinwanderung soll zukünftig als sogenanntes „drei-Säulen-System“ ausgestaltet werden. Dies umfasst eine sogenannte Fachkräftesäule, eine Erfahrungssäule und eine Potentialsäule.
Daneben soll durch die Entbürokratisierung und Digitalisierung der Verwaltung auch das Visumsverfahren beschleunigt werden.
Im Folgenden werden die einzelnen Säulen, sowie die sonstigen Neuerungen überblicksartig dargestellt:
1. Die Fachkräftesäule
Diese Säule soll nach wie vor der zentrale Punkt der Zuwanderung nach Deutschland bleiben. Erforderlich sind hier ein in Deutschland anerkannter Abschluss, ein Arbeitsvertrag und zu Inländern gleichwertige Arbeitsbedingungen. Allerdings sollen auch hier Vereinfachungen geschaffen werden. So soll eine anerkannte Qualifikation zukünftig zu jeder qualifizierten Beschäftigung in nicht-reglementierten Berufen befähigen. Das heißt, dass der qualifizierte Beruf nicht an den qualifizierenden Abschluss gekoppelt ist.
Die Gehaltsgrenzen für die Blaue-Karte-EU sollen zudem gesenkt werden. Die Gehaltsgrenze soll 56,6 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (reguläre Gehaltsgrenze) und bei sogenannten Engpassberufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Humanmedizin) 45,3 % der jährlichen Bemessungsgrenze (abgesenkte Gehaltsgrenze) betragen. Zum Vergleich: Aktuell gilt als reguläre Gehaltsgrenze zwei Drittel der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze zur allgemeinen Rentenversicherung (alte Bundesländer Stand 2023: 7.100 € pro Monat), sowie bei Engpassberufen 52 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze. Die abgesenkten Gehaltsschwellen sollen künftig für Berufsanfänger:innen, die einen Hochschulabschluss nicht mehr als drei Jahre vor der Beantragung der Blauen Karte EU erworben haben, auch außerhalb der Engpassberufe gelten.
Daneben sind zahlreiche weitere Erleichterungen geplant. So sollen etwa die Fristen zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte (§ 18c AufenthG) verkürzt werden. Auch die Einwanderung zum Zwecke der Berufsausbildung soll erleichtert werden.
2. Die Erfahrungssäule
Die neue Erfahrungssäule ermöglicht die Einwanderung nach Deutschland auch ohne einen in Deutschland anerkannten Berufsabschluss. So sollen die mitunter langen Anerkennungsverfahren vermieden werden. Erforderlich für die Erteilung eines Visums ist hier lediglich ein im Herkunftsland anerkannter Berufsabschluss mit mindestens zweijähriger Dauer der Berufsausbildung, sowie eine zweijährige Berufserfahrung.
Sofern für IT-Spezialisten mit Berufserfahrung eine Einreise nach Deutschland auch jetzt schon ohne Abschluss möglich ist, sofern bestimmte Qualifikationen nachgewiesen werden, sollen die Gehaltsschwellen hier auf das Niveau der abgesenkten Mindestgehaltsgrenze der Blauen Karte EU in den sogenannten Engpassberufen abgesenkt und auf den Nachweis von Deutschkenntnissen zukünftig verzichtet werden.
Durch eine sogenannte Anerkennungspartnerschaft ist eine Einreise für qualifizierte Drittstaatsangehörige selbst dann möglich, wenn die erforderliche Gehaltsgrenze nicht erreicht wird. Voraussetzung dafür ist, dass das Anerkennungsverfahren des ausländischen Berufsabschlusses in Deutschland zügig betrieben wird. Dazu müssen sich Beschäftigte und Arbeitgeber im Rahmen der Anerkennungspartnerschaft verpflichten.
3. Die Potentialsäule
Mit der Potentialsäule sollen Menschen, die noch keinen Arbeitsvertrag haben, die Möglichkeit bekommen, zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einzureisen. Dazu wird ein Punktesystem eingeführt, zu dessen Auswahlkriterien etwa Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter gehören. So soll die Arbeitsplatzsuche erleichtert werden. Dafür soll die Möglichkeit einer zweiwöchigen Probebeschäftigung in Vollzeit während der Arbeitsplatzsuche bestehen und darüber hinaus eine Nebenbeschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche erlaubt werden. Die Chancenkarte soll für maximal ein Jahr erteilt werden und kann nicht verlängert werden.
Die Punktetabelle soll nach dem aktuellen Gesetzesentwurf folgendermaßen ausgestaltet werden:
Merkmal nach § 20b Absatz 1 Nummer | Punkte bei Erfüllung des Merkmals |
1 (Berufsqualifikation) | 4 |
2 (Sprachkenntnisse Niveau B2) | 3 |
3 (Sprachkenntnisse Niveau B1) | 2 |
4 (englische Sprachkenntnisse Niveau C1) | 1 |
5 (mind. fünfjährige Berufserfahrung in den letzten sieben Jahren) | 3 |
6 (mind. Zweijährige Berufserfahrung in den letzten fünf Jahren) | 2 |
7 (nicht älter als 35 Jahre) | 2 |
8 (älter als 35, jünger als 40 Jahre) | 1 |
9 (mind. sechsmonatiger rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt im Bundesgebiet in den letzten fünf Jahren) | 1 |
10 (Ehegatte erfüllt Voraussetzungen der Chancenkarte und beantragt diese bei derselben Stelle) | 1 |
Die Mindestpunktzahl beträgt sechs Punkte |
4. Sonstige Neuregelungen
Neben den drei Säulen sollen auch Möglichkeiten zur vorübergehenden oder dauerhaften Zuwanderung ohne eine Berufsqualifikation ermöglicht werden. Es soll eine kontingentierte und befristete Einreise für alle Drittstaatsangehörigen für Beschäftigungen unabhängig von einer Qualifikation, unter Berücksichtigung der dafür vorhandenen Kapazitäten eingeführt werden.
Die Westbalkanregelung (§ 26 Abs. 2 BeschVO) soll entfristet (bislang: 31.12.2023) und die Kontingentierung auf 50.000 Staatsangehörige je Kalenderjahr der sechs Westbalkanstaaten angehoben werden (bislang: 25.000 je Kalenderjahr).
Auch sollen bestimmte Zweckwechselverbote (§ 16b Abs. 4 AufenthG) abgeschafft werden. Nationale Visa (§ 6 Abs. 3 AufenthG) zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung sollen zukünftig für die Dauer von einem Jahr (statt aktuell regelmäßig drei bzw. sechs Monaten) erteilt werden.
Zudem soll das Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse durch einen erhöhten Personaleinsatz und die Digitalisierung etwa der Antragstellung, Terminvergabe und Weiterleitung der Unterlagen vereinfacht und beschleunigt werden.
5. Fazit
Die Pläne der Bundesregierung sind ambitioniert. Bundeskanzler Scholz kündigte „das modernste Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Europäischen Union“ an. Sollten die Eckpunkte tatsächlich so umgesetzt werden, würde dies eine erhebliche Vereinfachung und Verbesserung für die Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland bedeuten. Nach Einschätzung des Gesetzesentwurfs vom 29.03.2023 könnte die Einwanderung qualifizierter Drittstaatsangehöriger zum Zweck der Erwerbsmigration ergänzend zur Einwanderung aus EU-Mitgliedstaaten, aus familiären oder humanitären Gründen um jährlich bis zu 60.000 Personen erhöht werden. Es ist zu hoffen, dass bisherige Missstände in der Praxis aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2019 im Rahmen des nun vorgelegten Gesetzesentwurfs behoben werden.
Die Gesetzesentwürfe zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes sowie der Beschäftigungsverordnung sind unter folgendem Link zu finden: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2023/03/fachkraefte-kabinett.html
Infolge der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien hat nach eigenen Angaben das Auswärtige Amt mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat ein vereinfachtes, pragmatisches Visumverfahren abgestimmt. Dabei handelt es sich um ein Besuchervisum, welches für einen Aufenthalt von nicht mehr als 90 Tagen gewährt werden kann und nur in Ausnahmefällen verlängert werden kann.
Das sogenannte vereinfachte Verfahren richtet sich – entgegen vorheriger Ankündigungen momentan nur - an türkische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz zum Zeitpunkt des Erdbebens in einer der betroffenen Provinzen hatten und die nachvollziehbar individuell vom Erbeben besonders betroffen sind. Darunter fallen nach Auslegung des Auswärtigen Amtes solche Menschen, denen Obdachlosigkeit droht oder die unter behandlungsbedürftigen Verletzungen leiden.
Antragsberechtigt sind Angehörige 1. oder 2. Grades (Ehegatte, Eltern, Kinder, Großeltern, Enkelkinder, Geschwister) von deutschen Staatsangehörigen oder Ausländern, die im Besitz eines dauerhaften Aufenthaltstitels sind. Verlangt wird eine Verpflichtungserklärung der in Deutschland lebenden Bezugsperson.
Quelle: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/krisenpraevention/human...
Der Bundestag hat am 02. Dezember 2022 das Gesetz zur Einführung des „Chancen-Aufenthaltsrechts“ beschlossen. Im Bereich der Bleiberechtsregelung des § 25b Aufenthaltsgesetz wurden nun die vor Aufenthaltszeiten für Alleinstehende von bisher regelmäßig acht Jahren auf sechs Jahre und für Personen mit minderjährigen Kindern von bisher regelmäßig sechs Jahren auf vier Jahre reduziert. Junge Erwachsene können bereits nach drei Jahren vor Aufenthaltszeit das Bleiberecht nach § 25a Aufenthaltsgesetz beanspruchen. Dabei wurde das bisher gültige Höchstalter von 21 Jahren auf 27 Jahre angehoben. Leider wurde die für junge Heranwachsende bisher gültige Regelung auf Drängen des Innenausschusses gleichzeitig dahingehend verschlechtert, dass nun eine zwölfmonatige Duldung vorausgesetzt wird, was gerade für junge Menschen, welche als zukünftige Fach- bzw. Arbeitskräfte benötigt werden, den Wechsel unmittelbar aus einem negativ abgeschlossenen Asylverfahren in das Bleiberecht erschwert.
Dass nun in § 104c Aufenthaltsgesetz geregelte „Chancen- Aufenthaltsrecht“ soll eine Brücke in die Bleiberechtsregelung bilden. Personen, welche sich am Stichtag 31.10.2022 seit fünf Jahren im Bundesgebiet (d.h. Einreise vor dem 31.10.2017) aufhalten und ausreisepflichtig bzw. im Besitz einer „Duldung“ sind, haben die Möglichkeit, für die Dauer von 1 1/2 Jahren eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Diese soll unabhängig von der Klärung der Identität, der Sicherung des Lebensunterhalts und der Durchführung eines Visumsverfahrens erteilt werden. Die Mitglieder der Kernfamilie erhalten ebenfalls das „Chancen-Aufenthaltsrecht“, selbst wenn die vor Aufenthaltszeit von fünf Jahren nicht erreicht wird. Es besteht für den betroffenen Personenkreis jetzt die Chance, binnen der Frist von einem Jahr die Voraussetzungen für das Bleiberecht, insbesondere die Identitätsklärung, Passbeschaffung und überwiegende Sicherstellung des Lebensunterhalts durch Erwerbstätigkeit zu schaffen.
Dass das „Chancen-Aufenthaltsrecht“ allerdings selbst den Wechsel in andere Aufenthaltserlaubnisse, auf welche nach dem Gesetz ein Rechtsanspruch besteht, ausdrücklich nicht ermöglichen will, stellt einen Systembruch dar.
Alles in Allem dennoch eine gute Nachricht für die gemäß Ausländerzentralregister zum 31.10.2022 ca. 309.000 ausreisepflichtigen Menschen in Deutschland.
Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung konnten im 3. Quartal ca. 1,82 Millionen konkret offene Stellen in Deutschland nicht besetzt werden. Der Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles zufolge benötigt die deutsche Wirtschaft jährlich zusätzliche rund 400.000 Arbeitskräfte. Es gebe wegen des demographischen Wandels „kein Szenario, wo wir ohne größere Einwanderung auskommen“ äußerte sie gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Mit einem „Eckpunktepapier“ stellt die Regierungskoalition nun ihre Pläne vor, die Fachkräftezuwanderung weiter zu erleichtern. Geplant ist danach ein Punktesystem nach dem Vorbild Kanadas („Chancenkarte“), welches eine Einwanderung auf Probe bei vorhandener Ausbildung bzw. Berufserfahrung ermöglichen soll. Eine Anerkennung von Berufsabschlüssen soll berufsbegleitend auch nach Einreise möglich sein. Es bleibt zu hoffen, dass auch die in der Praxis drängendsten Probleme der bürokratischen Hürden, fehlenden Digitalisierung und langen Bearbeitungszeiten entschlossen angegangen werden.