Der neue Entwurf des Bundesinnenministeriums des Innern und Heimat unter Federführung von Innenministerin Nancy Faeser wurde am 19.05.2023 veröffentlicht. Vom Bundesinnenministerium, welches die Einbürgerung als „stärkstes Bekenntnis zu Deutschland“ bezeichnet, werden tatsächlich viele grundlegende Verbesserungen für Einbürgerungsbewerber geplant. Doch es sind auch Schattenseiten und Verschärfungen enthalten – hier ist Nachbesserung erforderlich, wenn von der durch die leichtere Einbürgerung bezweckten Integration tatsächlich alle profitieren sollen.Wichtig – und überfällig, um mit anderen Einwanderungsländern, wie Frankreich, Großbritannien oder Kanada mitzuhalten – ist die Verkürzung der erforderlichen Voraufenthaltszeit von 8 auf 5 Jahre.
Bei besonderen Integrationsleistungen kann die Voraufenthaltszeit sogar auf bis zu 3 Jahre verkürzt werden. Die Voraussetzungen der Kürzung werden insofern allerdings strenger als bei der bisherigen Verkürzung auf 5 Jahre; Erforderlich für die Verkürzung auf 3 Jahre sind: besondere Intregrationsleistungen, insbesondere gute schulisch, berufsqualifizierende oder berufliche Leistungen oder bürgerschaftliches Engagement sowie Sicherung des Lebensunterhalts und Sprachkenntnisse C1.
Mit dem Erfordernis kürzerer Voraufenthaltszeiten bei der Anspruchseinbürgerung erfolgt auch eine Herabsetzung bei der Einbürgerung in Deutschland geborener Kinder nicht-deutscher Eltern (sog. Ius-Soli- oder Geburtsortprinzip). Die Eltern müssen in diesem Fall nun auch für lediglich 5 anstatt 8 Jahre vor der Geburt des Kindes rechtmäßig in Deutschland leben und Inhaber eines unbefristeten Aufenthaltsrechts sein. Grundlegende Änderungen ergeben sich beim Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Anspruchseinbürgerung. Insbesondere an dieser Stelle weist der Gesetzesentwurf aus unserer Sicht deutliche Schattenseiten auf: Erfreulich ist zwar, dass die Leistungen der vor dem 30.06.1974 in die BRD eingereisten Gastarbeiter und vor dem 13.06.1990 in die DDR eingereisten Vertragsarbeiter honoriert werden. Diese Personengruppe hat auch bei Bezug von Sozialleistungen nach dem SGB II und SGB XII einen Anspruch auf Einbürgerung, sofern sie deren Bezug nicht zu vertreten haben. Auch Personen die Vollzeit arbeiten, aber dennoch auf Aufstockung angewiesen sind, sowie deren Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder können trotz fehlender Lebensunterhaltssicherung eingebürgert werden. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass bislang eine Einbürgerung stets möglich war, wenn die Einbürgerungsbewerber die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht zu vertreten hatte. Die Beschränkung dieses Erfordernisses auf die Gast- und Vertragsarbeitergeneration stellt daher eine Einengung der Ausnahmen vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung dar. Damit werden andere Personengruppen von der Einbürgerung ausgeschlossen, die den Bezug von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben – etwa, weil sie dauernd erwerbsunfähig sind, Familienangehörige pflegen oder alleinerziehend sind. Insbesondere der Ausschluss von Kindern sozial benachteiligter Migranten im Vergleich zur jetzigen Gesetzeslage ist mit dem Ziel des Vorhabens und der UN-Kinderrechtskonvention nicht in Einklag zu bringen. Diese Verschärfung ist aus unserer Sicht kontraproduktiv und benachteiligt die genannten Personengruppen.
Eine höchst erfreuliche Änderung des neuen Gesetzentwurfs ist die ersatzlose Streichung des Grundsatzes der Vermeidung der Mehrstaatigkeit. Nach diesem Grundsatz ist eine Einbürgerung bislang grundsätzlich nur möglich, sofern der Einbürgerungsbewerber seine alte Staatsangehörigkeit aufgibt. Von der Neuregelung können in Zukunft insbesondere 1,5 Millionen in Deutschland lebende türkische Staatsangehörige profitieren. Durch diese Änderung wird anerkannt, dass in einem Einwanderungsland wie Deutschland die Identifikation mit mehr als einem Land und einer Kultur möglich und wünschenswert ist.
Das im Hinblick auf den Einbürgerungsanspruch befremdlich vage Erfordernis der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ soll nun durch die konkrete Benennung von Ausschlussgründen ersetzt werden. So soll die Einbürgerung ausgeschlossen sein bei Mehrehen oder einer fehlenden Anerkennung der im Grundgesetz festgelegten Gleichberechtigung von Mann und Frau und bei Personen, die in der Vergangenheit durch antisemitische oder rassistische Handlungen aufgefallen sind.
Für Gastarbeiter entfallen zudem neben dem Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung, soweit sie den Leistungsbezug nicht zu vertreten haben, auch die Sprachanforderungen. Erforderlich ist, als Ausgleich für die damals fehlenden Sprachlernangebote für Gastarbeiter lediglich, dass diese sich „ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen“ können. Für sonstige Personen gilt ebenfalls eine Ausnahme von den Sprachanforderungen (Stufe B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) im Rahmen einer Härtefallregelung, wenn ihnen der Spracherwerb trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen nicht möglich oder dauerhaft erschwert ist.
Sollte der Gesetzesentwurf in dieser Form durchs Kabinett kommen und anschließend im Bundestag verabschiedet werden, könnte er tatsächlich dazu beitragen, die in Deutschland im internationalen Vergleich sehr niedrigen Einbürgerungsraten zu steigern. Deutschland könnte durch den neuen Gesetzesentwurf attraktiver für Einwanderer und insbesondere dringend benötigte Fachkräfte werden. Dabei dürfen aber die Belange sozial und finanziell schwächer gestellter Personen nicht zu kurz kommen – um auch solchen Menschen eine Bleibe- und Partizipationsperspektive zu eröffnen, die ohne eigenes Verschulden ihren Lebensunterhalt nicht vollständig selbst sichern können, etwa weil sie Familienangehörige pflegen oder erwerbsunfähig sind, ist aus unserer Sicht dringend Nachbesserungsbedarf erforderlich.
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