Wer in Deutschland Schutz sucht, durchläuft ein komplexes Asylverfahren, in dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüft, welcher Schutzstatus gewährt wird.
Je nachdem, ob jemand als Asylberechtigter, als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt wird, ergeben sich ganz unterschiedliche Rechtsfolgen. Dies gilt insbesondere für die Frage, wann und in welcher Form ein Familiennachzug möglich ist. Für viele Betroffene ist genau dieser Punkt von zentraler Bedeutung: Können Ehepartner, Kinder oder Eltern nachkommen oder nicht?
In diesem Beitrag erläutert Rechtsanwalt Björn Maibaum, welche Schutzformen das deutsche Asylrecht vorsieht, welche Konsequenzen sie für den Familiennachzug haben, warum subsidiär Schutzberechtigte beim Familiennachzug benachteiligt sind, welche rechtlichen Möglichkeiten dennoch bestehen und welche Rolle anwaltliche Unterstützung dabei spielt.
Was bedeutet Asylberechtigung, Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz?
Wer in Deutschland Schutz vor Krieg, Verfolgung oder Folter sucht, durchläuft zunächst ein individuelles Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). In diesem Verfahren wird geprüft, ob und in welchem Umfang Schutz gewährt wird. Das Asylrecht kennt dabei drei verschiedene Schutzformen, die sich in der Praxis sehr unterschiedlich auf die Flüchtlinge auswirken. Ein wesentlicher Unterschied besteht in den verschiedenen Zugängen zum Familiennachzug.
Der subsidiäre Schutz ist gesetzlich in § 4 des Asylgesetzes geregelt. Wer ihn erhält, bekommt in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr (Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. AufenthG), die verlängert werden kann. Es gibt Zugang zu Integrationskursen, zum Arbeitsmarkt und zur medizinischen Versorgung.
Dennoch bleiben viele Einschränkungen: Ein Reisepass wird nicht ausgestellt, stattdessen erhalten die Betroffenen nur einen sogenannten Reiseausweis für Ausländer, der oft kaum zum Reisen geeignet ist. Die wohl größte Einschränkung besteht für subsidiär Schutzberechtigte beim Familiennachzug, der zumindest grundsätzlich kaum vorgesehen ist.
Der Familiennachzug ist ein Punkt, an dem viele geflüchtete Menschen bitter enttäuscht werden. Sie fühlen sich zwar sicher, aber nur scheinbar. Denn ihre Ehepartner, Kinder oder Eltern dürfen nicht nachkommen und müssen weiterhin in dem Staat leben, in dem ihren Angehörigen möglicherweise Folter oder Todesstrafe drohen. Statt eines Rechtsanspruches auf Familiennachzug, wie bei voll anerkannten Flüchtlingen, ist der Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten nur in Ausnahmefällen aus humanitären Gründen möglich. Dies ist eine bürokratische und politisch gewollte Hürde, die in der Praxis nur selten überwunden werden kann.
Seit der sogenannten "Flüchtlingskrise" 2015/16 ist zu beobachten, dass immer mehr Flüchtlinge nur noch subsidiären Schutz erhalten. Dies gilt insbesondere für Menschen aus Bürgerkriegsländern wie Syrien. Vielfach wird kritisiert, dass diese Entwicklung nicht nur rechtlich fragwürdig, sondern auch politisch motiviert ist. Je mehr Menschen nur den minimalen Schutzstatus erhalten, desto besser kann der Staat beispielsweise den Familiennachzug steuern und begrenzen oder ganz aussetzen. Dies ist ein höchst umstrittenes Instrument, mit dem Integration und humanitäre Verantwortung politisch motiviert gezielt eingeschränkt werden können.
Für viele Betroffene beginnt die eigentliche Herausforderung also erst nach dem positiven Bescheid, wenn das BAMF überhaupt positiv entscheidet. Sie haben zwar ein Dach über dem Kopf, aber ihre (Kern-)Familie bleibt außen vor. Die psychischen und sozialen Folgen dieser künstlichen Trennung sind dramatisch. Kinder wachsen ohne beide Elternteile auf, Ehepartner bleiben über Jahre getrennt und selbst die Integration der hier lebenden Geflüchteten wird massiv erschwert. Die rechtliche Differenzierung mag politisch Sinn machen, menschlich ist sie oft nicht nachvollziehbar.
Wer allein fliehen musste, weil seine Familienangehörigen nicht fliehen konnten, ist in Deutschland zwar vor den Fluchtgründen geschützt. Die Familienangehörigen wie Kinder, der Ehepartner oder die Eltern (vor allem bei minderjährigen Geflüchteten) sind diesen Gründen und den damit verbundenen Gefahren weiterhin ausgesetzt.
Da somit in vielen Fällen Ehepartner, Kinder oder Eltern im Herkunftsland zurückbleiben, sind geflüchtete Menschen, die es nach Deutschland geschafft haben, meist in ständiger Angst um das Leben ihrer Angehörigen. Während sie selbst in Deutschland Schutz gefunden haben, leben ihre engsten Angehörigen weiter in Angst und Gefahr. Die psychischen Belastungen sind enorm: Eltern, die ihre Kinder seit Jahren nicht gesehen haben, Kinder, die ohne Vater oder Mutter aufwachsen, Ehepaare, die durch behördliche Entscheidungen auseinandergerissen werden. Nicht selten berichten Betroffene von Depressionen, Schlafstörungen und Ohnmachtsgefühlen.
Die Hoffnung, wenigstens die Familie in Sicherheit wieder vereinen zu können, ist für viele Flüchtlinge ein existenzieller Anker. Umso erschütternder ist es, wenn sie erfahren, dass gerade dieser Schritt für subsidiär Schutzberechtigte durch das deutsche Recht nahezu unmöglich gemacht wird.
Im deutschen Aufenthaltsrecht ist der Familiennachzug in den §§ 27 ff. des Aufenthaltsgesetzes geregelt. Dort wird unterschieden, welchen Schutzstatus die in Deutschland lebende Person hat. Aus dem Schutzstatus ergeben sich dann ganz konkrete, sehr ungleiche Konsequenzen:
Das bedeutet, dass für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten zum einen ein humanitärer Grund vorliegen muss und zum anderen, wenn dieser vorliegt, der Familiennachzug nur sehr eng begrenzt möglich ist.
Das Grundgesetz stellt in Art. 6 Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Ähnliches ergibt sich auch aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh), die das Familienleben und die Achtung des Familienlebens unter besonderen Schutz stellen. Damit ist das Familienleben nicht nur ein emotionales Anliegen, sondern ein grundrechtlich und international geschütztes Gut. Dennoch behandelt das deutsche Aufenthaltsrecht subsidiär Schutzberechtigte als Menschen zweiter Klasse und stellt sie damit faktisch schlechter, obwohl ihre Bedrohungssituation objektiv nicht weniger dramatisch ist als die von anerkannten Flüchtlingen.
Diese gesetzlich verankerte Ungleichbehandlung wird seit Jahren kritisiert. Der Schutzstatus eines Flüchtlings darf nicht über die Würde und Einheit einer Familie entscheiden. Zudem kann Integration ohne die Familie und in ständiger Angst um die Angehörigen kaum gelingen. Darüber hinaus ist es menschenrechtlich unhaltbar, Flüchtlingen Sicherheit zu gewähren, aber ihr Familienleben auf unabsehbare Zeit zu verhindern oder gänzlich unmöglich zu machen.
Hinzu kommt, dass der Familiennachzug auch aus integrationspolitischer Sicht wünschenswert ist. Menschen, die mit ihrer Familie zusammenleben, sind nachweislich stabiler, motivierter und besser in Gesellschaft und Arbeitsmarkt integrierbar. Doch anstatt diese Tatsache als Chance zu begreifen, wurde der Familiennachzug im politischen Diskurs der letzten Jahre immer wieder zum Symbol einer angeblichen Überforderung des Systems erklärt, obwohl es sich lediglich um 1.000 Visa pro Monat handelt, die häufig nicht einmal ausgeschöpft werden können.
Besonders absurd wird die politische Debatte um den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten, wenn man sich die Realität der Zahlen vor Augen führt. Seit der gesetzlichen "Wiedereinführung" des Familiennachzugs im August 2018 ist die Zahl der erteilten Visa bundesweit auf maximal 1.000 pro Monat begrenzt. Diese Zahl ist unabhängig davon, wie viele Anträge gestellt werden, wie dramatisch die Situation der Betroffenen ist oder wie lange sie bereits getrennt leben. In vielen Monaten wird diese Obergrenze nicht einmal ausgeschöpft, weil die Verfahren zu lange dauern (im Durchschnitt fast zwei Jahre), Dokumente fehlen oder bürokratische Hürden unüberwindbar sind.
Dennoch wird von politischer Seite immer wieder gefordert, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten gänzlich auszusetzen oder abzuschaffen, als handele es sich um ein unkontrolliertes Einfallstor. Auch und gerade in der Diskussion um die Bundestagswahl 2025 und die Bildung einer Bundesregierung wird der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten zum Spielball der Politik, obwohl die sehr starke Begrenzung der monatlichen Visa-Zahl selbst bei einer deutlichen Anhebung sicherlich nicht zu einer Überlastung des Asylsystems beitragen würde.
Forderungen, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten gänzlich zu unterbinden, sind daher nicht nur zynisch, sondern auch sachlich falsch. Denn es gibt weder einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug noch ein Einfallstor für unkontrollierte Zuwanderung. Es gibt ein politisch gewolltes Nadelöhr, durch das ohnehin kaum jemand passt. Wer in dieser Situation ernsthaft von Begrenzung oder Überforderung spricht, ignoriert bewusst die Realität. Hier geht es nicht um Zahlen, sondern um Menschen, um Kinder, Ehepartner, Eltern - um Familien, deren Schicksal in bürokratischen Warteschleifen und politischen Symbolkämpfen zerrieben wird, obwohl gerade Familien unter besonderem rechtlichen und grundrechtlichen Schutz stehen. Das Ergebnis: Tausende Betroffene warten bis heute ohne Aussicht auf Veränderung auf ihre Angehörigen.
Nach § 36a AufenthG können Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten ein Visum zum Familiennachzug erhalten, wenn besondere humanitäre Gründe vorliegen, die den Familiennachzug als dringend oder geboten erscheinen lassen. Was darunter fällt, ist im Gesetz nicht abschließend definiert. Die Auslegung liegt im Ermessen der Behörden, oft ohne klare oder einheitliche Kriterien.
Häufig anerkannte humanitäre Gründe sind unter anderem
Theoretisch klingen diese Gründe nachvollziehbar. In der Praxis zeigen sich jedoch enorme Hürden, z.B. weil umfangreiche Nachweise (ärztliche Atteste, Unterlagen zur Lebenssituation etc.) erbracht werden müssen, die in vielen Herkunftsländern schlicht nicht rechtzeitig oder in der geforderten Form beschafft werden können.
Die Beurteilung, ob ein humanitärer Grund vorliegt, ist häufig nicht objektiv oder nachvollziehbar standardisiert. Ähnliche Fälle können in der Praxis zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen. Hinzu kommt, dass die Verfahren oft sehr schleppend verlaufen und selbst bei Vorliegen klarer Gründe oft Monate oder sogar Jahre dauern, bis die Anträge beschieden werden.
Anträge werden abgelehnt, weil die "humanitäre Dringlichkeit nicht hinreichend erkennbar" sei, selbst wenn es sich um ein Kind handelt, das seit Jahren von seinen Eltern getrennt lebt. Oder weil die Ehe nicht als „hinreichend stabil“ eingeschätzt wird, obwohl beide Ehepartner nachweislich unter der Trennung leiden. In anderen Fällen fehlt den Betroffenen schlicht die Kraft oder das Vertrauen, ein weiteres Antragsverfahren in Gang zu setzen.
Auch die monatliche Obergrenze von 1.000 Visa für subsidiär Schutzberechtigte bedeutet, dass selbst bei Vorliegen humanitärer Gründe der Familiennachzug nicht garantiert ist. Letztlich handelt es sich nicht um ein einklagbares Recht.
Es darf nicht vergessen werden, dass viele dieser Menschen vor Krieg, Gewalt und Terror geflohen sind. Nicht weil sie wollten, sondern weil sie mussten. Dass ausgerechnet ihnen das Recht auf Familie faktisch verwehrt wird, widerspricht nicht nur humanitären Werten, sondern auch dem Geist von Artikel 6 des Grundgesetzes, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates stellt.
Jeder Antrag auf Familiennachzug aus humanitären Gründen muss mit größter Sorgfalt vorbereitet werden. Die persönliche Geschichte, die familiären Bindungen, die Gefährdungslage und die emotionale Belastung müssen detailliert und überzeugend dargelegt werden. Auch wenn die Erfolgsaussichten im Einzelfall oft gering erscheinen: Der Druck auf die Behörden wächst, je deutlicher und professioneller die individuellen Schicksale sichtbar gemacht werden.
Angesichts der vielen rechtlichen Hürden und politischen Restriktionen erscheint der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte oft wie ein ferner Traum. Doch auch wenn der Weg steinig ist, gibt es Möglichkeiten, den Familiennachzug auch zu subsidiär Schutzberechtigten zu realisieren. Und diese sollten Betroffene kennen, nicht zuletzt, weil die individuelle Situation, die familiären Bindungen und die humanitären Umstände durchaus rechtlich relevant sein können. Entscheidend ist, frühzeitig fundierte anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Rechtsanwalt Björn Maibaum ist Fachanwalt für Migrationsrecht und berät und vertritt bundesweit Menschen in genau diesen Situationen.
Auch subsidiär Schutzberechtigte können grundsätzlich versuchen, den Nachzug von Ehepartnern oder minderjährigen Kindern über das sogenannte Kontingentverfahren nach § 36a Aufenthaltsgesetz zu beantragen. In besonderen Konstellationen, z.B. wenn ein minderjähriges Kind subsidiär schutzberechtigt ist und zu seinen Eltern nachziehen möchte, bestehen sogar bessere Erfolgsaussichten, da hier das Kindeswohl besonders berücksichtigt wird. Auch humanitäre Gründe wie eine schwere Erkrankung, die Trennung kleiner Kinder von ihren Eltern oder die Schutzbedürftigkeit im Herkunftsland können die Grundlage für einen erfolgreichen Antrag bilden.
Die Verfahren sind jedoch äußerst komplex, die Anforderungen hoch und schon kleine formale Fehler können zum Scheitern führen. Eine anwaltliche Begleitung ist daher dringend zu empfehlen. Rechtsanwalt Björn Maibaum kennt aus langjähriger Praxis sowohl die rechtlichen Spielräume als auch die praktischen Hürden - von der Terminvereinbarung bei der Auslandsvertretung über die korrekte Antragstellung bis hin zur argumentativen Untermauerung der besonderen Umstände. In vielen Fällen ist es möglich, durch gezielte rechtliche Vorbereitung und überzeugende Antragsbegründung den Familiennachzug zu ermöglichen, auch wenn die Chancen zunächst gering erscheinen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die rechtliche Überprüfung der ursprünglichen Entscheidung des BAMF. Nicht selten erhalten Flüchtlinge subsidiären Schutz, obwohl sie eigentlich Anspruch auf die Anerkennung als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention hätten. Dieser Schutzstatus würde ihnen dann automatisch den regulären Familiennachzug ermöglichen. In solchen Fällen kann es sich lohnen, gegen die Entscheidung des BAMF vor dem Verwaltungsgericht zu klagen, sofern die entsprechenden Fristen noch nicht abgelaufen sind. Auch hier ist eine fundierte rechtliche Einschätzung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt unerlässlich. Rechtsanwalt Maibaum prüft sorgfältig, ob der BAMF-Bescheid korrekt ist und begleitet seine Mandanten durch das oft langwierige, aber lohnende Klageverfahren.
Für viele Familien ist der juristische Weg oft die letzte Hoffnung, aber auch die letzte Chance. Eine Klage sollte daher nicht überstürzt, sondern gut dokumentiert, rechtlich abgesichert und strategisch vorbereitet werden. Gerade in Verfahren, die von politischem Druck und behördlichem Ermessen geprägt sind, macht es einen entscheidenden Unterschied, ob man alleine kämpft oder einen erfahrenen Fachanwalt an seiner Seite hat.
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