Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber hat in Deutschland eine intensive Debatte ausgelöst. Das neue System soll die Auszahlung von Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz effizienter gestalten und Missbrauch verhindern. Statt Bargeld oder Gutscheinen sollen Asylsuchende und AsylbLG-Empfänger nun ein Guthaben auf eine speziell ausgestattete Debitkarte erhalten, mit der sie Einkäufe tätigen können.
Ziel der Bezahlkarte ist es, die Verwaltungskosten zu senken, die Ausgaben zu begrenzen, um den Zweck der Leistungen, z.B. die Deckung der Grundbedürfnisse, zu gewährleisten. Die Umsetzung und die mit der Bezahlkarte verbundenen Einschränkungen werden jedoch kontrovers diskutiert.
Während die Politik die Vorteile der Zahlkarte betont, wie z.B. die Eindämmung der Schlepperkriminalität oder die Vereinfachung der administrativen Abwicklung, werden gleichzeitig viele Nachteile deutlich. So ist die Karte oft nur eingeschränkt nutzbar, was die finanzielle Autonomie der Betroffenen erheblich einschränkt. Zudem führt die eingeschränkte Akzeptanz bei Geschäften und Dienstleistungen zu praktischen Problemen.
Kritisiert werden auch mögliche Datenschutzrisiken und die Gefahr der Stigmatisierung von Asylbewerbern, da die Karte für andere leicht als Symbol ihrer besonderen Statusgruppe erkennbar ist. Diese Spannungsfelder zwischen Effizienz, Kontrolle und Wahrung der Menschenwürde machen die Bezahlkarte zu einem hochaktuellen und kontrovers diskutierten Thema.
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Nach politischen Diskussionen im Jahr 2023 haben die Bundesländer und der Bund im November 2023 beschlossen, eine Bezahlkarte für Asylbewerber einzuführen.
Mit dieser Zahlkarte werden den Asylbewerbern die ihnen zustehenden Leistungen nicht mehr oder nicht mehr vollständig in bar ausgezahlt, sondern als Guthaben auf die Zahlkarte übertragen. Die Bezahlkarte sieht zwar aus wie eine Girokarte, ist es aber nicht.
Die Bezahlkarte ist eine spezielle Debitkarte, die nicht überall akzeptiert wird. Da die Karte nicht an das Girocard-Bezahlsystem angeschlossen ist, kann mit der Bezahlkarte nur dort bezahlt werden, wo diese Zahlungsform akzeptiert wird und entsprechende Lesegeräte vorhanden sind. Bietet ein Supermarkt, ein Einzelhändler, ein Schwimmbad oder ein anderer Dienstleister, bei dem bezahlt werden kann, diese Form der Bezahlung nicht an, können Flüchtlinge dort nicht mit der Karte bezahlen.
Da die Händler und Dienstleister für diese Bezahlform höhere Gebühren zahlen müssen, akzeptieren viele Händler und Dienstleister die Bezahlkarte deshalb nicht. Für Asylsuchende bedeutet dies, dass sie nicht überall mit der Bezahlkarte bezahlen werden können.
Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die existenzsichernden Leistungen, die Personen im Asylverfahren, mit einer Duldung oder Ausreisepflichtige als Geld- oder Sachleistungen erhalten. Obwohl die Leistungen nach dem AsylbLG existenzsichernd sind, liegen sie unter dem Niveau des Bürgergeldes (SGB II).
Die gesetzliche Grundlage für den Einsatz der Bezahlkarte wurde im April 2024 im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geschaffen. Die Gesetzesänderung ist am 16.05.2024 in Kraft getreten. Die Bezahlkarte wurde als weitere Leistungsform aufgenommen und die Einsatzmöglichkeiten erweitert, so dass nun auch Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften die Bezahlkarte erhalten können.
Die Bezahlkarte für Asylbewerber ist jedoch nachrangig. Wer in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt, dessen Bedarf soll vorrangig durch Sachleistungen gedeckt werden, wer außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften lebt, dessen Bedarf soll vorrangig durch Geldleistungen gedeckt werden.
Die Politik sieht in der Bezahlkarte für Asylbewerber mehrere Vorteile, die vor allem die Effizienz, Kontrolle und Sicherheit betreffen. Ein zentraler Vorteil läge angeblich in der Verwaltungsvereinfachung. Die Barauszahlung von Asylbewerberleistungen oder die Ausgabe von Gutscheinen für Sachleistungen ist für die Behörden mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden.
Mit der Einführung der Bezahlkarte soll dieser Prozess digitalisiert und damit Zeit und Kosten gespart werden. Die Leistungen sollen zentral verwaltet und regelmäßig auf die Karten geladen werden, ohne dass aufwändige Barzahlungen oder manuelle Abrechnungen notwendig sind.
Ein weiterer Vorteil ist die bessere Kontrolle der ausgezahlten Leistungen. Mit der Bezahlkarte können die Ausgaben transparenter gestaltet und gegebenenfalls auf bestimmte Produkte oder Dienstleistungen beschränkt werden.
So soll sichergestellt werden, dass die Leistungen ihrem eigentlichen Zweck dienen, nämlich der Deckung des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel oder Hygieneartikel. So soll verhindert werden, dass das Geld beispielsweise an Schleuser gezahlt wird, um Familienangehörige illegal nach Deutschland zu bringen.
Die Einführung der Geldkarte verfolgt damit auch migrationspolitische Ziele, um die Schleuserkriminalität einzudämmen. Auch Überweisungen in das Herkunftsland sind über diesen Weg nicht mehr möglich, selbst wenn damit die eigene Familie unterstützt werden soll. Darüber hinaus soll die Bezahlkarte den Anreiz zur illegalen Migration verringern, was jedoch von Experten bezweifelt wird.
Auch der Sicherheitsaspekt spielt eine wichtige Rolle. Die Zahlungskarte reduziert das Risiko von Diebstahl oder Verlust von Bargeld, was für Asylsuchende in prekären Lebenslagen besonders wichtig ist. Im Gegensatz zu Bargeld kann die Karte bei Verlust gesperrt und ersetzt werden, was zusätzliche Sicherheit bietet.
Schließlich wird die Karte auch als ein modernes und flexibles System angesehen, das an die Bedürfnisse der Leistungsempfänger und die administrativen Anforderungen angepasst werden kann. Aus politischer Sicht stellt die Bezahlkarte somit eine fortschrittliche Lösung dar, die sowohl die Verwaltung als auch die Abwicklung von Sozialleistungen optimieren soll.
Der Gesetzgeber hat mit der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) zwar die Möglichkeit geschaffen, die Bezahlkarte als Leistungsform einzuführen. Der Bundesgesetzgeber hat jedoch keine konkreten Vorgaben gemacht, wie die Karte im Einzelnen geregelt wird und welche Funktionen die Karte haben soll. Es bleibt den Bundesländern überlassen, wie sie die Bezahlkarte umsetzen und mit welchen Funktionen sie ausgestattet wird.
Einige Bundesländer, mit Ausnahme von Hamburg und Bayern, haben sich darauf verständigt, dass ein Großteil der Leistungen nach dem AsylbLG nur auf die Bezahlkarte gebucht werden soll. Nur ein geringer Teil, in der Regel maximal 50 Euro pro Monat und Person für Erwachsene, soll den Asylbewerbern als Bargeld ausgezahlt werden.
Überweisungen sind mit der Bezahlkarte nicht möglich, auch nicht von einer Bezahlkarte auf eine andere. Die Bezahlkarte soll bundesweit gültig sein, wobei die Bundesländer die Bezahlfunktion regional einschränken können. Das bedeutet, dass man mit der Karte nur in einem bestimmten Postleitzahlengebiet oder nur mit dem wenigen Bargeld, das man abheben kann, bezahlen kann. Außerdem kann die Bezahlkarte für bestimmte Branchen oder Waren gesperrt werden (z.B. Tabakwaren, Alkohol oder Glücksspiel).
Die Bezahlkarte und ihre geplante Ausgestaltung stößt bei vielen Verbänden und Flüchtlingsräten auf grundsätzliche Kritik. Zum einen wird bereits kritisiert, dass die Ausgabe der Bezahlkarte mit ihren Einschränkungen eine ungleiche und benachteiligende Behandlung der Gruppe der Asylsuchenden und der anderen Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG darstellt.
Denn eine Personengruppe wird gegenüber einer anderen Personengruppe, nämlich denjenigen, deren Asylverfahren bereits positiv abgeschlossen ist, ohne sachlichen Grund ungleich behandelt. Alle von der Politik angeführten Gründe wie die Eindämmung der illegalen Migration, die Verringerung der Anreize, nach Deutschland zu kommen, die Verwaltungsvereinfachung, die Verringerung des Verwaltungsaufwandes oder die Kostenersparnis sind zumeist vorgeschoben und werden von Experten zu Recht bezweifelt.
Insbesondere die Reduzierung des Verwaltungsaufwandes und der damit verbundenen Kosten erscheint bereits fraglich. Wie erste Eilentscheidungen aus Hamburg zeigen, dürfte die pauschale Begrenzung der Bargeldabhebung auf 50 Euro pro Person und Monat rechtswidrig sein. Vielmehr müssen die Behörden den Bargeldbedarf der einzelnen Leistungsberechtigten individuell prüfen.
Darüber hinaus ist bereits aus rechtlichen Gründen zweifelhaft, ob eine vorrangige Ausgabe von Bezahlkarten und damit eine vorrangige Leistungsgewährung über Bezahlkarten überhaupt im Einklang mit dem Asylbewerberleistungsgesetz steht.
Selbst wenn nach den Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes die Leistungsgewährung durch Geld- und Sachleistungen mit der Leistungsform der Bezahlkarte gleichrangig wäre, wäre die Ausgabe und Leistungsgewährung durch Bezahlkarten nicht als vorrangig anzusehen.
Auch bei der Wahl der Leistungsform müsste die Behörde stattdessen ihr Ermessen im Einzelfall ausüben und entscheiden, für welche Personen die Bezahlkarte vorrangig zum Einsatz kommen soll. Dies wäre aber wiederum mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden, so dass auch dieser Grund für die Einführung der Bezahlkarte nicht vorliegen dürfte.
Im Entwurf der Landesregierung NRW zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum AsylbLG (Landtag NRW, Drucksache 18/10926) vom Oktober 2024 wird jedoch die Bezahlkarte als vorrangige Leistungsform bestimmt, was mit dem AsylbLG in der aktuellen Fassung nicht vereinbar erscheint.
Die Bezahlkarte schränkt die finanzielle Autonomie der Asylsuchenden ein.
Da sie häufig auf bestimmte Produkte und Dienstleistungen beschränkt ist, können die Betroffenen nicht frei über ihr Geld verfügen; diese Zweckbindung lässt keinen Spielraum für individuelle Prioritäten oder Bedürfnisse, was als Bevormundung empfunden werden kann. Asylsuchende haben im Vergleich zu anderen Sozialhilfeempfängern damit weniger Freiheiten, ihr Geld selbst zu verwalten, was das Gefühl der Ungleichbehandlung verstärkt.
Ein weiterer Nachteil ist die eingeschränkte Nutzbarkeit der Karte. Die Akzeptanzstellen sind häufig auf bestimmte Geschäfte beschränkt, die an das System angeschlossen sind. Dies bedeutet, dass Asylsuchende nicht überall einkaufen können, was insbesondere in ländlichen Gebieten zu einer eingeschränkten Auswahl und logistischen Herausforderungen führen kann.
Auch Online-Shopping oder kleinere Anbieter akzeptieren die Bezahlkarte oft nicht. Teilweise akzeptieren sogar öffentliche Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Verkaufsstellen für ÖPNV-Tickets die Geldkarte nicht, was ebenfalls zu organisatorischen Problemen führen kann.
Die vermutlich rechtswidrige Beschränkung von Bargeldabhebungen verteuert das Leben der Asylsuchenden und stellt sie vor praktische Probleme. Gerade für Menschen, die unter dem verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimum leben, ist der Kauf von Gebrauchtwaren eine Möglichkeit, Kosten zu sparen.
Der Kauf von gebrauchter Kleidung, einem Fahrrad oder Möbeln ist kaum möglich, wenn dafür nur 50 Euro Bargeld im Monat zur Verfügung stehen. Aber auch der Kauf von Gebrauchtwaren und Kleidung in Sozialkaufhäusern oder Second-Hand-Geschäften ist mit der Bezahlkarte meist nicht möglich, da diese Geschäfte aufgrund der zusätzlichen Kosten die Bezahlkarte nicht akzeptieren, so dass auch hier nur mit Bargeld eingekauft werden kann.
Weitere praktische Probleme ergeben sich daraus, dass Überweisungen in der Regel nicht möglich sind. Wer einen Handyvertrag, das Deutschlandticket oder andere Verträge abschließen will, kann solche Angebote nicht nutzen.
Auch wenn für Kinder das Essen in der Schule oder Kita oder eine Klassenfahrt per Überweisung oder anderen digitalen Übertragungswegen bezahlt werden soll, bleiben Asylsuchende und AsylbLG-Empfänger davon ausgeschlossen. Selbst der Rechtsschutz wird erschwert, wenn Asylsuchende und AsylbLG-Empfänger nicht einmal die Raten für ihren Rechtsanwalt überweisen können.
Die Bezahlkarte wirft datenschutzrechtliche Bedenken auf. Da die Transaktionen digital erfasst werden, könnte das Kaufverhalten der Nutzer überwacht und ausgewertet werden. Dies kann zu einem Gefühl der Kontrolle und Überwachung führen. Selbst wenn Datenschutzstandards eingehalten werden, bleibt das Misstrauen gegenüber möglichen Eingriffen in die Privatsphäre bestehen. Zudem dürfte es den Behörden technisch möglich sein, zu überwachen, wo Asylsuchende und AsylbLG-Empfänger einkaufen, wofür sie Geld ausgeben oder wo sie sich aufhalten.
Selbst wenn sogenannte Whitelists, also individuelle Freischaltungen für Überweisungen durch die Behörden, eingeführt würden, verlangen die Behörden in der Regel Begründungen und besonders schutzwürdige personenbezogene Daten, um der Freischaltung zuzustimmen. Von einer Verwaltungsvereinfachung oder Kostenersparnis kann aber auch hier keine Rede sein.
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Bildquellennachweis: canva
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