Bundestag und Bundesrat haben die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts endgültig auf den Weg gebracht. Das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts soll die seit Jahren rückläufigen Einbürgerungszahlen stoppen. Dazu wird beispielsweise die Voraufenthaltszeit deutlich verkürzt.
Bei besonderen Integrationsleistungen wie sehr guten Sprachkenntnissen (Niveau C1) und einem besonders guten Schulabschluss kann eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich sein. Die Änderungen treten voraussichtlich im Mai oder Juni 2024 in Kraft (vorbehaltlich der Verkündung im Bundesgesetzblatt).
In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die beschlossenen Änderungen des Staatsangehörigkeitsrechts.
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Inhalt:
Das Staatsangehörigkeitsgesetz - kurz StAG - regelt im Wesentlichen, wer deutscher Staatsangehöriger ist und wie man deutscher Staatsangehöriger werden kann. Das StAG ist am 01.01.2000 in Kraft getreten. Neben dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis) wurde das Geburtsortprinzip (ius soli) eingeführt.
Nach dem Geburtsortprinzip können auch Kinder ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Die Geburt eines Kindes in Deutschland allein reicht jedoch nicht aus, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, wie dies beispielsweise in den USA der Fall ist. Das Kind kann die deutsche Staatsangehörigkeit nur unter bestimmten Voraussetzungen erwerben.
Nach dem Abstammungsprinzip spielt der Geburtsort keine Rolle. Die Staatsangehörigkeit richtet sich allein nach der Staatsangehörigkeit der Eltern. Beim Abstammungsprinzip kann sich die Staatsangehörigkeit entweder nach der Staatsangehörigkeit beider Eltern richten. Es ist aber auch möglich, dass sich die Staatsangehörigkeit des Kindes nach der Staatsangehörigkeit nur der Mutter oder nur des Vaters richtet.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Die gesetzliche Regelung in § 3 StAG nennt mehrere Möglichkeiten
Der Bundestag hat am 19.01.2024 das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts verabschiedet. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 02.02.2024 zugestimmt. Damit können die beschlossenen Änderungen noch im Jahr 2024 in Kraft treten. Im Einzelnen ergeben sich Änderungen vor allem im Bereich der Einbürgerung und ihrer Voraussetzungen.
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Wer sich einbürgern lassen wollte, musste sich bisher längere Zeit gedulden. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG war bisher regelmäßig ein rechtmäßiger Voraufenthalt von acht Jahren erforderlich. Die Voraufenthaltszeit wurde nun auf fünf Jahre verkürzt.
Neu ist eine Turboklausel für die Einbürgerung. Bisher konnte die Teilnahme an einem Integrationskurs die Voraufenthaltszeit lediglich um ein Jahr auf 7 Jahre verkürzen. Nunmehr ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich (§ 10 Abs. 3 StAG).
Hierfür müssen zum einen besondere Integrationsleistungen vorliegen (§ 10 Abs. 3 Nr. 1 StAG). Solche besonderen Integrationsleistungen können z.B. vorliegen, wenn besondere schulische oder berufliche Leistungen, ehrenamtliches Engagement sowie besonders gute Sprachkenntnisse (Niveau C1) nachgewiesen werden. Ob besondere Integrationsleistungen vorliegen, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung als Ermessensentscheidung zu prüfen.
Außerdem muss der Lebensunterhalt gesichert sein (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 StAG).
Für Personen, die aufgrund eines Abkommens zur Anwerbung und Vermittlung von Arbeitskräften bis zum 30.06.1974 als ehemalige Gastarbeiter in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, sowie für Personen, die bis zum 13.06.1990 als ehemalige Vertragsarbeitnehmer in die DDR eingereist sind, hat der Gesetzgeber Erleichterungen bei der Einbürgerung eingeführt.
Voraussetzung für die Einbürgerung ist grundsätzlich die Sicherung des Lebensunterhalts ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen. Für ehemalige Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer entfällt dieses Erfordernis, soweit sie die Inanspruchnahme von Leistungen (z.B. Bürgergeld nach dem SGB II) nicht zu vertreten haben (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a) StAG).
Von dem Erfordernis des Nachweises von Deutschkenntnissen auf dem Niveau B1 sind ehemalige Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer befreit, wenn sie sich im täglichen Leben auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können (§ 10 Abs. 4 Satz 3 StAG). Auch der Nachweis von Kenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse ist nicht erforderlich (§ 10 Abs. 6 Satz 1 StAG).
Bisher war eine Einbürgerung grundsätzlich nur möglich, wenn der Einbürgerungswillige seine bisherige Staatsangehörigkeit verloren oder aufgegeben hatte. Eine doppelte Staatsangehörigkeit war damit nicht möglich (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG a.F.). Ohne Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit war eine Einbürgerung somit normalerweise nicht möglich.
Durch den Wegfall dieser Regelung können nun auch Personen eingebürgert werden, die ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgeben wollen bzw. können. Eine doppelte Staatsangehörigkeit wird damit möglich. Es hängt künftig nur noch davon ab, ob das Staatsangehörigkeitsrecht des Herkunftslandes eine doppelte Staatsangehörigkeit ermöglicht oder ob mit Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit die Staatsangehörigkeit des ausländischen Staates verloren geht.
Erwerben deutsche Staatsangehörige eine weitere Staatsangehörigkeit, ist dies künftig auch ohne Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit möglich. Eine sog. Beibehaltungsgenehmigung nach § 25 StAG a.F. ist künftig nicht mehr notwendig. Die gesetzliche Regelung hierzu entfällt.
Ebenso entfällt die so genannte Optionsregelung nach § 29 StAG. Nach dieser Regelung mussten sich Kinder, die zwar in Deutschland geboren wurden, deren Eltern aber eine ausländische Staatsangehörigkeit besaßen, wenn die Kinder über die Regelung des § 4 Abs. 3 StAG auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatten, mit Eintritt der Volljährigkeit zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit entscheiden.
Eine solche Entscheidung ist nun auch nicht mehr erforderlich und eine doppelte Staatsangehörigkeit möglich.
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Wer sich einbürgern lassen will, muss seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Dies schließt in der Regel den Bezug von Sozialleistungen aus (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Neben der Ausnahme für ehemalige Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a) StAG) sieht das Gesetz zwei weitere Ausnahmen vor:
Eine Einbürgerung ist möglich, wenn die Person in den letzten 24 Monaten mindestens 20 Monate in Vollzeit erwerbstätig war (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b) StAG). Darüber hinaus ist die Einbürgerung für Ehepartner und Lebenspartner möglich, deren Ehepartner oder Lebenspartner seit mindestens 20 Monaten innerhalb der letzten 24 Monate vollzeiterwerbstätig ist und mit einem minderjährigen Kind in familiärer Lebensgemeinschaft lebt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe c) StAG).
Die neue Regelung zur Lebensunterhaltssicherung stellt eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Gesetzeslage dar, da es bislang darauf ankam, ob der Bezug von Leistungen nach dem SGB II/ XII vom Einbürgerungsbewerber im Sinne eines Verschuldens zu vertreten war. Die Regelung dürfte jedenfalls nicht verfassungskonform sein, soweit hierdurch kranke und behinderte Menschen dauerhaft von der Einbürgerung ausgeschlossen werden.
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern nach dem Geburtsortprinzip (ius soli) wird erleichtert. Für den ius soli-Erwerb muss ein Elternteil eines in Deutschland geborenen Kindes nur noch einen Voraufenthalt von fünf statt bisher acht Jahren nachweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG).
Weitere Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit für das Kind bleibt, dass ein Elternteil im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltsrechts (aus EU-Recht oder Niederlassungserlaubnis) sein muss.
Neu aufgenommen wurde die Einbürgerungsvoraussetzung, dass sich Einbürgerungsbewerber
bekennen müssen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) StAG). Diese Verpflichtung hat zur Folge, dass eine Einbürgerung ausgeschlossen ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das abgegebene Bekenntnis zu diesen Zielen inhaltlich falsch ist (§ 11 Satz 1 Nr. 1a StAG).
Darüber hinaus wurden weitere Voraussetzungen eingeführt, die zum Ausschluss von der Einbürgerung führen. So führt die Ehe mit mehreren Frauen zum Ausschluss der Einbürgerung (§ 11 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a) StAG). Eine solche Mehr-Ehe ist der deutschen Rechtsordnung fremd und lässt nach Auffassung des Gesetzgebers zumeist schon einen Zweifel an der Anerkennung der Gleichberechtigung von Mann und Frau zu.
Wer durch sein Verhalten deutlich macht, dass er die Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet, kann ebenfalls nicht eingebürgert werden (§ 11 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b) StAG).
Diese beiden Ausschlüsse von der Einbürgerung ersetzen die bisherige sehr unbestimmt formulierte Voraussetzung der "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse" (§ 10 Abs. 1 Halbsatz 2 StAG a.F.).
Mit Stand von Mitte Februar 2024 wurde das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts bereits vom Bundesrat und vom Bundesrat endgültig beschlossen Die Änderung treten ausweislich Artikel 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts drei Monate nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Bisher ist das Gesetz noch nicht im Bundesgesetzblatt verkündet worden, so dass die Änderungen frühestens Ende Mai 2024 in Kraft treten werden.
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Nach Artikel 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts sollen die Änderungen drei Monate nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Bislang ist das Gesetz noch nicht verkündet, so dass mit einem Inkrafttreten Ende Mai 2024 zu rechnen ist.
Die Voraufenthaltszeit für die Einbürgerung wurde von acht auf fünf Jahre verkürzt. Eine "Turbo-Klausel" ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren. Voraussetzung dafür sind besondere Integrationsleistungen.
Für ehemalige Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer gibt es Erleichterungen bei der Einbürgerung, unter anderem den Verzicht auf den Nachweis von Deutschkenntnissen und den Verzicht auf das Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts.
Ja, durch den Wegfall des Erfordernisses der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit ist eine doppelte Staatsangehörigkeit möglich. Dies hängt jedoch auch von den Regelungen des Herkunftslandes ab, ob durch die Einbürgerung die Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes entfällt.
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach dem Geburtsortprinzip (ius soli) wird erleichtert. Ein Elternteil muss nur noch einen Voraufenthalt von fünf statt bisher acht Jahren nachweisen.
Es wurden neue Voraussetzungen für die Einbürgerung eingeführt, darunter das Bekenntnis zur historischen Verantwortung Deutschlands, zum Schutz jüdischen Lebens und zur Anerkennung der Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie das Verbot der Ehe mit mehreren Frauen.
Eine Einbürgerung ist z.B. ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Bekenntnis zu bestimmten Zielen inhaltlich falsch ist. Zudem führen bestimmte Verhaltensweisen wie Mehrfach-Ehen oder die Missachtung der Gleichberechtigung von Mann und Frau zum Ausschluss.
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