Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Neben der Geburt und der Abstammung von mindestens einem Elternteil mit deutscher Staatsangehörigkeit gibt es unter anderem auch die Einbürgerung oder die Adoption durch einen deutschen Staatsbürger. Eine wenig bekannte Möglichkeit des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit ist der Erklärungserwerb.
Die Regelung des § 5 StAG umfasst insoweit einige Personengruppen, denen in der Vergangenheit aufgrund einer Diskriminierung der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit verwehrt wurde, obwohl ihnen bei einer diskriminierungsfreien Anwendung des Staatsangehörigkeitsrechts die deutsche Staatsangehörigkeit hätte verliehen werden müssen.
Björn Maibaum, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Migrationsrecht, informiert in diesem Beitrag, was der Erklärungserwerb bedeutet, für welche Personengruppen der Erklärungserwerb in Betracht kommt und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Erklärung (§ 5 StAG): Für bestimmte Gruppen, die in der Vergangenheit aufgrund geschlechterdiskriminierender Regelungen benachteiligt wurden, besteht die Möglichkeit, die deutsche Staatsangehörigkeit durch Erklärung zu erwerben. Dies betrifft z.B. Personen, deren deutsche Vorfahren die Staatsangehörigkeit verloren haben. Häufig ist dies auf eine frühere Diskriminierung im Staatsangehörigkeitsrecht zurückzuführen.
Der in § 5 StAG genannte Personenkreis erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit unmittelbar durch Abgabe der Willenserklärung, deutscher Staatsangehöriger werden zu wollen. Dies setzt jedoch eine eindeutige Willenserklärung voraus, die gegenüber der zuständigen Behörde abgegeben werden muss. Besondere bürokratische Hürden bestehen nicht, allerdings muss die Erklärung rechtssicher formuliert sein. Anders als im regulären Einbürgerungsverfahren ist keine Loyalitätserklärung oder ein Integrationsnachweis erforderlich.
Der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Erklärung ist an keine Form gebunden. Bereits der Eingang der Willenserklärung bei der zuständigen Behörde führt zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Allerdings müssen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 bis 3 StAG erfüllt sein und es dürfen keine Ausschlussgründe vorliegen.
Auch wenn die Prüfung der Voraussetzungen durch die zuständige Behörde einige Zeit in Anspruch nehmen kann, wird die deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend mit dem Eingang der Erklärung bei der zuständigen Behörde verliehen. Die Verleihung erfolgt durch Urkunde. Die Urkunde ist jedoch keine gesetzliche Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit.
Der Gesetzgeber hat sich in § 5 StAG gegen eine automatische Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit "kraft Gesetzes" an den betroffenen Personenkreis entschieden. Eine automatische Verleihung könnte sonst dazu führen, dass die Betroffenen - insbesondere im Ausland lebende Personen - ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten.
Eine solche Zwangsverleihung könnte im internationalen Verhältnis zu Problemen der doppelten Staatsangehörigkeit oder zum Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit führen, wenn das Staatsangehörigkeitsrecht des Staates der bisherigen Staatsangehörigkeit eine doppelte Staatsangehörigkeit nicht vorsieht. Insbesondere Nachkommen von NS-Verfolgten, soweit § 5 StAG auf sie anwendbar ist, die möglicherweise kein Interesse an der deutschen Staatsangehörigkeit haben, würden sonst unfreiwillig zu deutschen Staatsangehörigen.
Das bedeutet aber auch, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 5 StAG nur erworben werden kann, wenn die Erklärung, deutscher Staatsangehöriger werden zu wollen, auch aktiv und zielgerichtet gegenüber der zuständigen Behörde abgegeben wird.
Der Personenkreis der Anspruchsberechtigten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StAG sind vor allem Personen, die aufgrund einer geschlechtsspezifischen Benachteiligung trotz Abstammung von einem deutschen Vorfahren, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem Abstammungsprinzip erwerben konnten.
Während es heute ausreicht, dass Kinder deutsche Staatsangehörige werden (Regelung gilt für Geburten ab 1.1.1975), wenn mindestens ein Elternteil selbst deutscher Staatsangehöriger ist, war dies früher je nach Regelung und Zeitraum teilweise anders bzw. verloren deutsche Elternteile selbst ihre deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie einen Staatsangehörigen eines anderen Landes heirateten.
Grund für den möglichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Erklärung nach § 5 StAG ist also der Nicht-Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit trotz Abstammung von einem deutschen Elternteil.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG: Diese Fallgruppe betrifft Kinder, von denen ein Elternteil zum Zeitpunkt ihrer Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft besaß und dennoch nicht durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. Dieser geschlechtsdiskriminierende Ausschluss vom Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt ist mit Art. 3 Abs. 2 GG nicht vereinbar.
Hintergrund: Wer bis zum 31.12.1974 als eheliches Kind geboren wurde, konnte die deutsche Staatsangehörigkeit nur von einem deutschen Vater erhalten, nicht aber von einer deutschen Mutter. Eheliche Kinder einer deutschen Mutter, die zwischen dem 01.01.1963 und dem 31.12.1974 geboren wurden, erhielten in diesem Zeitraum die deutsche Staatsangehörigkeit nur, wenn sie sonst staatenlos geworden wären.
Nichteheliche Kinder einer deutschen Mutter erhielten bereits seit 1914 die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Mutter. Dies galt jedoch bis zum 01.07.1993 nicht für nichteheliche Kinder eines deutschen Vaters.
Anspruchsberechtigte dieser Fallgruppe: Zu den Anspruchsberechtigten der Fallgruppe nach Nr. 1 gehören zum einen Personen, die vor dem 01.01.1975 als eheliches Kind einer deutschen Mutter und eines ausländischen Vaters geboren wurden.Zum anderen gehören zu dieser Fallgruppe Personen, die vor dem 01.07.1993 als nichteheliches Kind eines deutschen Vaters und einer ausländischen Mutter geboren wurden.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG: Diese Fallgruppe gilt für ehelich geborene Kinder, deren Mutter durch Heirat eines Ausländers die deutsche Staatsbürgerschaft verloren hat und das Kind somit nicht die deutsche Staatsbürgerschaft von der Mutter erlangen konnte.
Hintergrund: Nach § 17 Nr. 6 RuStAG in der Fassung bis 1953 verlor eine Mutter mit deutscher Staatsangehörigkeit ihre bisherige Staatsangehörigkeit, wenn sie einen ausländischen Ehemann heiratete. Dagegen verloren Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht, wenn sie eine ausländische Ehefrau heirateten. Diese Regelung ist jedoch geschlechtsdiskriminierend. Ohne die alte Regelung des § 17 Nr. 6 RuStAG hätten deutsche Mütter ihre Staatsangehörigkeit nicht verloren und hätten diese wie deutsche Männer an ihre ehelichen Kinder weitergeben können.
Anspruchsberechtigte dieser Fallgruppe: Diese Fallgruppe gilt für ehelich geborene Kinder einer ehemaligen deutschen Mutter und eines ausländischen Vaters, die vor dem 01.04.1953 geboren sind. Die Staatsangehörigkeit der Mutter muss vor der Geburt des Kindes verloren gegangen sein.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG: Diese Fallgruppe gilt für nichteheliche Kinder einer deutschen Mutter und eines ausländischen Vaters. Die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes muss nach der Geburt verloren gegangen sein.
Hintergrund: Grundsätzlich wären nichteheliche Kinder einer deutschen Mutter seit 1914 deutsche Staatsangehörige geworden. Hatte die deutsche Mutter jedoch nach der Geburt des Kindes den ausländischen Vater geheiratet, so verlor das Kind nach § 17 Nr. 5 RuStAG in der damaligen Fassung mit der Eheschließung und der Anerkennung der Vaterschaft durch den ausländischen Vater die deutsche Staatsangehörigkeit. Legitimation bedeutet in diesem Zusammenhang die Eheschließung der Eltern mit Anerkennung des Kindes durch den ausländischen Vater.
Anspruchsberechtigte dieser Fallgruppe: Diese Fallgruppe gilt für nichteheliche Kinder einer deutschen Mutter und eines ausländischen Vaters, die vor dem 01.04.1953 geboren sind. Die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes ist durch Eheschließung der Eltern mit Anerkennung des Kindes durch den ausländischen Vater wieder entfallen.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG: Unter diese Fallgruppe fallen alle Abkömmlinge von Deutschen, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit aus den oben genannten Gründen nicht erhalten haben. Bei geschlechtsneutraler Anwendung der Abstammungsregelungen hätten die Personen der drei genannten Fallgruppen (Nr. 1 bis Nr. 3) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Abstammung erworben. Unter die Fallgruppe der Nr. 4 fallen alle ehelichen und nichtehelichen Kinder, die mit dem Betroffenen in gerader Linie verwandt sind (Kinder, Enkel, Urenkel etc.).
Da die Regelung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Art. 3 Abs. 2 GG erst seit Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24.05.1949 besteht, ist der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Erklärung nach § 5 StAG nur für Personen und deren Abkömmlinge möglich, wenn die erste diskriminierte Person ab dem 24.05.1949 geboren wurde. Daraus ergeben sich folgende Zeiträume für die Geburt eines Kindes, das die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund des Abstammungsprinzips nicht erwerben konnte oder wieder verloren hat:
Voraussetzung für die Erklärung über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist, dass die Anspruchsberechtigten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 StAG handlungsfähig oder gesetzlich vertreten sind. Handlungsfähigkeit bedeutet, dass auch minderjährige Anspruchsberechtigte, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, eine wirksame Erklärung abgeben können. Ansonsten sind die Eltern als gesetzliche Vertreter zuständig.
In § 5 Abs. 1 Satz 1 StAG sind auch verschiedene Ausschlussgründe aufgeführt, die den Erklärungserwerb verhindern. Dies sind unter anderem:
Besteht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StAG grundsätzlich die Berechtigung zum Erklärungserwerb, so enthält § 5 Abs. 2 StAG Regelungen darüber, welche Personen hiervon ausgeschlossen sind. Dies ist der Fall, wenn die Person nach der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit aufgegeben, verloren oder auf sie verzichtet hat.
Gleiches gilt für Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch Ehe der Mutter mit einem ausländischen Vater und Annahme als Kind (Legitimation, siehe § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) aufgegeben, verloren oder ausgeschlagen haben.
Auch Abkömmlinge sind dann vom Erklärungserwerb ausgeschlossen.
Der Erklärungserwerb in § 5 StAG wurde durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (4. StAGÄndG) neu geregelt und der Erklärungserwerb um mehrere Fallgruppen erweitert. Die Änderungen sind am 20.08.2021 in Kraft getreten. Nach § 5 Abs. 3 StAG haben die Berechtigten insgesamt 10 Jahre nach Inkrafttreten der Änderung Zeit, einen Erklärungserwerb abzugeben.
Die Möglichkeit des Erklärungserwerbs endet daher am 19.08.2031. Da es sich um eine Ausschlussfrist handelt, kann die Frist nicht verlängert werden. Nur wenn die Frist ohne Verschulden versäumt wurde, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 32 VwVfG beantragt werden.
Anspruch auf Staatsangehörigkeit nach § 5 StAG? Wir prüfen Ihre Chancen und begleiten Sie beim Erklärungserwerb.
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